Mittwoch, 23. Oktober 2013

Alien vs. Zombies (The Dark Lurking) 2009















Cast:

Tonia Renee............Lena
Bret Kennedy..........Michaels
Ozzie Devrish..........Kirkland
Roslyn van Doorn....Yutani
Dirk Foulger............Konieg
Anthony Edwards....Dare
Davyd Williams........Canning
Cassia Rosenstraus...Jen

Regie: Gregory Connors



Einleitung:

Es gibt in der Filmbranche universelle, unumstössliche Weisheiten. Dazu zählen vor allem, dass von mir oft zitierte: "Everything is better with Ninjas!" und "Besser als ein Film mit einem Monster, ist ein Film mit zwei Monstern!".
Der letzteren Weisheit folgen die Studios seit jeher, und das Resultat sind sowohl frühe Werke wie "Frankenstein meets the Wolfman" (1943), japanische kaiju eigas wie "Godzilla vs. alles, was nicht bei drei auf dem Kirschbaum ist", als auch Streifen der jüngeren Geschichte wie "Freddy vs. Jason" (2003) oder "Alien vs. Predator" (2004).
Letzterer hat eine Flut von "X vs. Y"- Filmen nach sich gezogen, von Trittbrett-Firmen wie z.B. The Asylum und Konsorten, die einige kuriose Perlen zu Tage gefördert hat. Gerade das "Alien" musste häufiger herhalten, als es verdient hat, auch wenn die jeweiligen Darstellungen meist nichts mit der H.R. Giger Ikone gemein haben (siehe "Alien vs. Hunter", "Alien vs. Ninja", "Aliens vs. Avatars"). Gemeinsam haben diese Filme, dass sie meistens sehr billig, nicht gut, aber häufig sehr unterhaltsam sind. Wobei es auch einige Produktionen gibt, die ursprünglich, zumindest vom Titel her, gar nicht versucht haben auf diesen Zug aufzuspringen, aber vom deutschen Vertrieb nachträglich einen Namen gebastelt bekommen, der die entsprechende Klientel locken soll.
Mit einem dieser Vertreter möchte ich mich auseinandersetzen. "The Dark Lurking" ist 2009 in Australien produziert worden und hat den tollen deutschen Titel "Alien vs. Zombies". Wollen wir doch mal sehen, was der Film so hergibt und ob der deutsche Titel irgendeine Rechtfertigung erhält (Wahrscheinlich nicht.).


Inhalt:

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wir befinden uns in einer fernen Zukunft...was wir nicht glauben können, denn das CGI-Raumschiff, welches wir präsentiert bekommen, sieht aus, wie aus einem Videospiel, das mindestens 10 Jahre auf dem Buckel hat.
Deswegen schneller Schnitt auf die Brücke, auf der sich gemeine Soldaten (die mit schwarzem T-Shirt, Waffen und futuristischer Atemmaske) und höhere Offiziere (nur schwarzes T-Shirt) tummeln.
Ja, das ist ein Tapedeck rechts
hinter dem Soldaten aus der Zukunft.
Es geht ein Notruf ein (von wo auch immer) in dem ein schreiender Mann irgendetwas von Evakuierung, Mutationen, und "Scheisse, was habt ihr getan?" hysteriert. Die Verbindung reisst ab und der Captain befiehlt, alles (was auch immer "alles" sein mag) sofort zu versiegeln und bumms, befinden wir uns in einem knallweissen Raum, in dem eine anemisch aussehende Brünette auf einem Labortisch liegt (Ich bin verwirrt. Sind wir noch auf dem Schiff, oder da wo "alles" ist? Oder ganz wo anders?).



Weiss, Schaumolweiss.
Das ist noch etwas weisser als weiss.
Die junge Dame, die mich an die Sängerin von Silbermond erinnert, weshalb ich sie auch erstmal so nennen werde, erhebt sich und aus dem Boden fährt ein mannsgrosser Plexiglaszylinder. Während Silbermond verzweifelt versucht zu spielen, dass sie nicht weiss wo sie ist, entschliesst sie sich erstmal in den Zylinder zu steigen. Jener ist nämlich eine Dusche, und wir wissen ja, wenn man nicht weiss was um einen herum passiert, sollte man erstmal in die luftdicht aussehende Dusche gehen. Patentiert als gute Idee seit 1939 (Ja, ich habe es gewagt, das zu schreiben.). Dann überschlagen sich die Ereignisse. Ein weiterer Alarm geht los, zwei Männer mit Waffen und ganz gewöhnlichen Gasmasken stürmen das Duschzimmer und werden kurz darauf von zwei humanoiden Monstern, deren Gesichter aussehen, wie ein glitschiger Rollbraten  mit fiesen, spitzen Zähnen, recht blutig dahin gemetzelt. Silbermond stürmt nach draussen (Natürlich nicht nackt. An der Dusche hing ein weisser Overall, ihr Schweinigels.), wo die Hölle los ist. Es wimmelt nur so von Rollbraten. Zusammen mit einer Gruppe anderer Menschen kann sie sich durch die Lüftungschächte in einen sicheren, ruhigen Raum flüchten.

Ruhiger Raum heisst, wir haben Zeit unsere Charaktere und unsere Situation zu erläutern. Das geschieht natürlich nicht alles auf einmal, aber ich werde versuchen zusammen zufassen.
Unsere Gruppe besteht aus drei Soldaten, zwei technischen Mitarbeitern, kurz "Techs", und zwei Testpersonen, charmanterweise von den Soldaten Laborratten genannt.
Dare ist der Anführer der Soldaten, Stratege und Stimme der Vernunft. Michaels sieht sich als Söldner, hat keine Skrupel und auch keine Ausstrahlung und Kirkland ist der harte Hund aus der Schule "Wir laufen rein und ballern um uns!". Er redet, als wäre er Batman, klingt dabei aber wie das Krümelmonster (Er ist ausserdem auch mal wieder das lebende Beispiel dafür, dass es keine gute Idee ist, sich die Haare hinten lang wachsen und zum Zopf flechten zu lassen, wenn sie vorne ausgehen.).
Dumdidumdidum KEKSE!!!








Dann sind da die zwei Techs. Yutani ist eine ältere Wissenschaftlerin. Sie weiss teilweise was geschehen ist und hat ein schlechtes Gewissen, weswegen jeder ihrer Sätze weinerlich klingt, als wolle sie immer ein "Es tut mir leid. Ich hatte ja keine Ahnung!" nachschieben.
Yutani tut es leid...die ganze Zeit.

Jen ist jung und eine Zicke. Das war's. Sie hat keine anderen Merkmale. Ich hasse sie.
Zu guter letzt, die Laborratten. Canning, die männliche Ratte, ist total verängstigt und will einfach nur heil aus der Sache raus kommen. Er würde sich unsichtbar machen, wenn er könnte.
Und Silbermond, die eigentlich Lena heisst, ist ratlos aber recht ruhig, fast schlafwandlerisch bisweilen. Sie will vor allem wissen, was hier genau passiert ist.

Im übrigen befinden wir uns in einem streng geheimen, unterirdischen Labor, in dem Genexperimente an lebenden Personen vorgenommen werden. Diese sind (natürlich) schief gegangen. Das Ergebnis sind die Amok laufenden Rollbraten und die, in der Anfangssequenz angesprochene, Versiegelung. Plan ist es jetzt durch die Luftschächte in den Kontrollbunker zu kommen, die Versiegelung aufzuheben und an die Oberfläche zu gelangen, die aber wohl auch nicht sicher zu sein scheint, wird von Yutani gewarnt. Warum werden wir wohl noch erfahren (Ja, im nachhinein bräuchte der deutsche Titel eigentlich eine Spoilerwarnung). Wir befinden uns wohl auch noch auf einem fremden Planeten.
Warum braucht man nochmal ein
Fenster in einem unterirdischen Labor?


Also auf zum Zauberer von Oz...ähm, zum Kontrollbunker natürlich. Dare macht die Vorhut und währenddessen hat Lena einen Anfall (das heisst, sie schreit und wackelt mit dem Kopf hin und her) nach dem sie berichtet, sie hätte geträumt es wäre etwas in ihr und versuche raus zu kommen (John Hurt ick hör dir trapsen!).
Nachdem Dare sich davon überzeugt hat, dass die Rollbraten ihre Gedärme gerne blutig verspeisen, müssen unsere Helden einen Umweg über das Waffenlager machen. Da Umwege immer Probleme machen, kann unsere bunte Truppe gerade so einer Welle von Rollbraten entkommen, worauf Michaels darauf plädiert, die Zivilisten einfach los zu werden, da drei Soldaten bessere Chancen hätten. Dare ist dagegen und erhebt sich damit zum einzigen Sympathen im ganzen Film. Und es kommt wie es kommen muss keine fünf Minuten später wird Dare gekillt. Das heisst, wir bleiben zurück mit Private Pappsoldat und Private Krümelmonster. Danke Film.
Zuvor schaffen es unsere Recken aber noch, durch die Wiederherstellung der Stromversorgung, die Tür zum Kontrollbunker zu öffnen. Dare darf nun das zeitliche segnen und wir kriegen einen neuen Charakter vorgestellt: Abteilungsleiter Konieg. Der Mann ist offensichtlich Böse. Er ist Wissenschaftler hat eine Glatze und einen deutsch klingenden Namen (Noch offensichtlicher wäre nur eine SS-Uniform. Bin sowieso der Meinung, die Macher wussten nur nicht, dass Koenig die richtige Schreibweise ist und nicht Konieg). Er ist ganz klar ein Antagonist, doch ich liebe diesen Mann. Warum liebe ich diesen Mann? Weil er, sobald sich die Tür öffnet, ohne Vorwarnung, ohne sich vorzustellen, ohne Fragen und ohne zu zögern mit einem Beil auf unsere Truppe stürzt, und es Zicken-Jen in die Brust rammt worauf diese blutend und röchelnd verendet. Danke Abteilungsleiter Konieg. Die Frau hat keine fünf Minuten screentime und kriegt es hin, dass man sich freut, wenn sie drauf geht. Daumen hoch.
Das sieht der Rest vom Team auch so. Lena macht während der ganzen Aktion nämlich einen Extrem-Frodo. Soll heissen, sie fällt tot um. Und alle kümmern sich um Lena, tragen ihre "Leiche" sogar an der noch röchelnden Jen vorbei und lassen jene einfach liegen. Grossartig.
*sing* Ding Dong the bitch is dead...

Lena wird von Yutani wiederbelebt, unter anderem durch Mund zu Mund Beatmung, wovon Konieg ab rät. Der Mann weiss doch irgendwas, was wir nicht wissen!

Man versucht den nicht funktionierenden Funk wieder in Gang zu setzen, denn man würde an der Oberfläche gerne von irgendwem abgeholt werden. Schliesslich ist es nirgends so schön wie zu Hause.
Das Problem scheint aber die Antenne zu sein, und die ist eben auf der Oberfläche. Also, machen sich Michaels und Canning auf, in's Antennenhäuschen zu kommen. Kirkland bleibt, zum Schutz, im Kontrollbunker. Obwohl es Ihnen gelingt das System in Gang zu bringen (*gnihihi* Der Verschluss vom Antennenhäuschen ist ein altes Autolenkrad. *gnihihi*) begegnen sie der Bedrohung auf der Oberfläche. Ein Alien...ja genau...eins...in Zahlen: 1...ein einziges (Gut, der Film heisst ja auch Alien vs. Zombies und nicht Aliens vs. Zombies.). Dann geht es ganz schnell, Alien killt Canning, Michaels killt Alien und zurück nach Oz...verdammt, in den Kontrollbunker natürlich.
Mutronics anyone?

Dort hat Lena unterdessen mal wieder ein wenig vor sich hin deliriert, von sich selbst (irgendwie narzistisch) mit schwarzen Kontaktlinsen und blutüberströmt. Konieg hat seltsame Andeutungen gegenüber Yutani gemacht und alle haben gegen Dare gekämpft, der jetzt ein Tentakelwesen ist...ja...öhm...ich weiss auch nicht.






Ich hab' das mit den Tantakel-
Pornos nie verstanden, und das hier
hilft nicht!



Den wieder funktionierenden Funk nutzt Konieg sofort um Hilfe zu rufen. Für sich selbst. Die Anderen können gerne, mitsamt dem Komplex, weggenuked werden. Dieses Vorhaben bleibt natürlich nicht unentdeckt und nachdem die Soldaten Konieg mal ordentlich durch den Raum geworfen haben, rückt dieser endlich mit der Sprache raus, was das überhaupt für eine Einrichtung ist.

So, lieber Leser. Haben wir uns bisher noch im, schon häufig durchschipperten, Fahrwasser durchschnittlicher Sci-Fi Kost bewegt, wird's jetzt richtig abstrus.
Obacht: Im zweiten Weltkrieg haben die Nazis in Nordafrika das Fossil eines Engels entdeckt. Das Fossil Luzifers, um genau zu sein. Nachdem die Russen und die Amerikaner es zwischenzeitlich erbeutet hatten, hat Konieg es gekauft und in seinem Labor versucht Luzifer zu klonen, um ihn als Superwaffe zu verwenden. Das Ergebnis sind Lena und Canning (naja, der is' ja schon fott), aber es gilt noch heraus zu finden, ob Lena das Böse in sich kontrollieren kann.

Na, schon Kopfschmerzen? Geht noch weiter.

Die Rollbraten sind, und hier sind Film und Synchro uneinig, entweder Schergen Luzifers, die quasi die Körpermasse der Menschen im Labor genutzt haben, um zu Existenzen zu werden, oder sie sind Klonfehlversuche. Sucht euch was aus.
Ich hätte meinen Rollbraten gerne
ohne Zähne, dafür extraschleimig.

Und wenn eure Köpfe jetzt noch nicht geplatzt sind, dann lasst euch sagen, Konieg ist ausserdem im Besitz des "Book of Souls", in dem genau beschrieben steht, wann die Hölle auf Erden losbrechen wird. Im wörtlichen Sinne. (Das Ding ist nicht wirklich wichtig, aber wo ein Luzifer ist, ist ein Necronomicon nicht weit)





Geil, oder?

Das muss erstmal verdaut werden, auch von unseren Protagonisten. Dann muss ein neuer Plan gefasst werden. Der sieht dann wie folgt aus. Warten bis die Konieg-Rettung eintrifft, die Jungs überwältigen, Shuttle kapern und abhauen.
Wird unsere illustre Truppe den Plan in die Tat umsetzen können? Wird das Böse in Lena doch noch ausbrechen? Wird noch ein zweites Alien auftauchen (Ja, eins noch. Das war's dann aber wirklich.), und warum hat Kirkland Fettuccine im Schoss? Das müsst Ihr selbst sehen.
Federiiiiicooooo!!!




 

 

 

Ich finde...

...es nahezu unglaublich, wie die FSK den Film eingestuft hat. Es werden Körper durchschlagen und ausgeweidet, Köpfe skalpiert und in Stücke geschossen, Extremitäten gebrochen und abgerissen, alles was das Herz begehrt. Nicht im Minutentakt, aber das ganze Repertoire. Es gibt Filme mit ähnlichen Schauwerten, die immernoch beschlagnahmt sind. "The Dark Lurking" trägt eine FSK 16!!!!!! Und man kann sich hier nicht mal auf komödiantischen Kontext berufen. Der Film ist nicht lustig und will es auch nicht sein. Das aber nur nebenbei.

Den Machern von "The Dark Lurking" muss man ein grosses Kompliment aussprechen. Es ist selten, das mit so wenig Mitteln so viel erreicht wird. Ja, man sieht dem Film an, dass er nicht Teuer war. Allein schon weil die Bildqualität Digi-Cam schreit. Ja, die Story ist erst copy and paste und wird dann so hanebüchen, dass man sich das Gehirn am liebsten selbst durch die Nase aus dem Schädel ziehen möchte und ja, die Darsteller sind schlecht...richtig schlecht...alle...es gibt keine Ausnahme...es gibt nur overacting oder underacting...nichts dazwischen...gar nichts. ABER, und das ist ein gaaaaaanz dickes ABER, der Film macht alles richtig, worauf es bei so einer Produktion ankommt. Es gibt Action am laufenden Band, die Masken, sowohl Alien als auch  Rollbraten, und Effekte sind handgemacht und das sehr gut. Klar sind es Menschen in Gummianzügen, aber die sind eklig und glitschig und hässlich. Man möchte mit den Darstellern nicht tauschen. Es spritzt und suppt das Blut an allen Ecken und Enden und es wird geballert was die Rohre hergeben. Es ist die reinste Freude.
Und noch etwas schaffen Regisseur Greg Connors und Kameramann Dirk Foulger (Das ist der Selbe, der auch den Konieg spielt. Sein wahres Talent liegt also eher hinter der Kamera.). Sie schaffen es die schätzungsweise zwei, maximal drei Räume, die sie zur Verfügung haben, so zu gestalten und einzufangen, dass man wirklich das Gefühl hat, sich in einem endlosen Labyrinth aus Gängen und Räumen zu befinden. Der Strom der Angreifer scheint, in manchen Sequenzen, nie abzureissen, dabei können es nie mehr als fünf oder sechs verschiedene Leute sein. Da kann man verzeihen, dass die Planetenoberfläche zu keinem Zeitpunkt funktioniert, und das liegt nicht am Lenkrad.
Überhaupt sind die beiden gute Handwerker. Es gibt keine innovativen Kameraeinstellungen, aber alle sind effektiv. Kurz gesagt, die beiden wissen, wie ein Film auszusehen hat, Geld hin oder her.

Der deutsche Titel ist, wie erwartet, Etikettenschwindel. "Alien" stimmt. Davon gibt es immerhin zwei. Wer sich allerdings etwas Gigereskes erhofft, wie das Cover ja auch suggeriert, hat sich geschnitten. Es geht eher in die "The Guyver"-Richtung. "Zombies" stimmt gar nicht. Laut Film sind sie am ehesten Dämonen, laut Synchro im besten Fall Mutanten und im Abspann werden sie sogar als "Rabids" (Tollwütige) geführt. Niente Zombie! Nichtmal "vs." stimmt. Die beiden Spezies kämpfen nie wirklich gegeneinander.

Das alles ändert nichts daran, dass der Film Spass macht, Action ohne Ende bietet und sogar die Gorehounds, mit einem FSK 16 Film, auf ihre Kosten kommen sollten. Was wohl selten genug der Fall ist.
Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für alle, die schon lange auf ein Sci-Fi-Horror-Okkult Gemetzel gewartet haben. Die DVD gibt's ab fünf Euro abwärts auf'm Grabbeltisch.


Zensurinfo:

Falls es noch nicht klar ist, die DVD ist ungeschnitten und FSK 16!
Keine Ahnung wie das passieren konnte.

Dienstag, 15. Oktober 2013

SCHNAPPSCHUSS: Rosenkranz & Güldenstern (1990)

a.k.a. Rosencrantz & Guildenstern are dead

Der Film:
Zwei Männer sind auf dem Weg nach Helsingör zum Königshof. Sie wissen, dass sie Rosenkranz und Güldenstern sind, und dass der König sie persönlich bestellt hat, weil irgendetwas mit ihrem alten Freund Hamlet los ist.
Was sie nicht wissen, ist, wer von beiden eigentlich wer ist, und woher sie diesen Hamlet überhaupt nochmal kennen. Aber egal, der König selbst hat gerufen, also wird's wohl wichtig sein.
Als ob die oben genannten Fragen nicht schon grundlegend genug wären, ergeben sich auf ihrem Weg immer weitere, welche nach Klärung verlangen. Mit Hilfe der Schauspieltruppe, die ebenfalls auf dem Weg zum Schloss ist, des Königs Claudius, Polonius und natürlich ihres Freundes Hamlet selbst, und durch Rollenspiele untereinander, versuchen die beiden herauszufinden, warum man ausgerechnet sie gerufen hat, ob Hamlet durchgeknallt ist oder nicht, was auf Helsingör passiert ist, während Rosenkranz zufällig den Burger erfindet und das Gesetz der Verdrängung entdeckt, ohne es zu merken, und wann eigentlich genau der Punkt war, als sie einfach hätten 'Nein' sagen können.



Ich finde...
...dieser Film hätte eigentlich ein langes Review verdient, aber das wäre nicht möglich gewesen, ohne einfach zu viel vorweg zu nehmen. Tom Stoppard hat sich, mitte der Sechziger, der Frage gewidmet, welche Funktion haben eigentlich die Charaktere Rosenkranz und Güldenstern in Shakespeares Stück "Hamlet"? Man weiss nur, dass sie mit Hamlet studiert haben, dass sie nie anwesend sind wenn etwas wichtiges passiert, sie nicht sagen können, ob Hamlet wahnsinnig ist oder nicht und auch sonst eigentlich nichts zu Stande bringen. Stoppard entschied sich, ein Bühnenstück aus diesen fragmentarischen Fakten zu machen, welches 1966 Premiere feierte und nur 24 Jahre später verfilmt wurde. Stoppard führte dabei selbst Regie und steuerte das Drehbuch bei, da er, nach eigener Aussage, der einzige war, der dem Stück mit dem angebrachten mangelnden Respekt begegnen konnte.
Er hätte auch kaum ein besseres Duo für die Hauptrollen bekommen können, als Gary Oldman und Tim Roth. Es ist einfach toll, wie die beiden sich die Dialogwitz-Bälle im Eiltempo zuwerfen, ohne dass es auch nur eine Sekunde langweilig wird.
Oldman, der sowieso eines meiner absoluten Vorbilder ist, spielt seinen Rosenkranz (oder Güldenstern. So richtig klar wird das eigentlich nie) absolut liebenswert. Er ist nicht dumm, aber er braucht halt immer ein bisschen länger. Seine Rolle bietet auch Gelegenheit für einige Slapstick-Einlagen, welche einen besonderen Reiz haben, wenn man Oldman sonst vielleicht nur als Sirius Black oder Comissioner Gordon kennt. Tim Roth ist sein perfekter Konterpart und auch Iain Glen spielt seinen Hamlet so entrückt, dass man Rosenkranz und Güldenstern sofort verzeiht, dass sie mit der Situation überfordert sind.
Kurzum, ich bin restlos begeistert von diesem Werk. Die grundlegende Idee ist unglaublich interessant, die Dialoge sind messerscharf, schnell und von einem Witz, den man heute leider nicht mehr allzu oft präsentiert bekommt. Shakespeare hätte sich gefreut. Schauspielerisch ist der Film sowieso eine Lehrstunde von allen Beteiligten und ganz besonders von den drei oben genannten.
Wer keine Angst vor dialoglastigen Filmen hat, herausragende Schauspieler zu schätzen weiss und sich darüber bewusst ist, dass feinsinniger Humor eben nicht auf Privatsendern statt findet, sollte diesen Film gesehen haben. Man sollte seinen "Hamlet" allerdings gelesen haben, sonst wird's vielleicht etwas konfus.